zurück
  Die andere Seite ...


"He ..."
"Hmmm ..."
"He!" Sie stieß ihn unsanft mit dem Knie an.
"Hmmm ... was is` denn? - Laß mich schlafen ..."
"Ich ... ich muß mal ..."
"Dann geh doch!"
"Wie denn?"
"Ach so." Im Halbschlaf fingerte er nach dem Schlüssel, der irgendwo neben dem Bett auf dem Fußboden liegen musste, fand mühsam nach mehreren Versuchen das Schloss und öffnete die Handschelle, die ihren linken Arm an das eiserne Bettgestell fesselte. Dann drückte er ihr den Schlüssel in die freie Hand, drehte sich weg und war nach wenigen Atemzügen wieder fest eingeschlafen.
Sie befreite ihre andere Hand, rieb sich die schmerzenden Gelenke - dann erst ging es ihr auf:

Frei!
Sie war frei!

Er ... ja, er hatte sich völlig verausgabt. Hatte langsam begonnen, fast zögerlich, hatte sich viel Zeit genommen, hatte sich (und auch sie - sie konnte es nicht leugnen) schließlich in einen Zustand der Raserei versetzt, hatte sie beide einem letzten, gemeinsamen Höhepunkt zugeführt ...
Nun lag er da, hinabgestürzt in den Abgrund seiner Erschöpfung, allein mit sich selbst ... er würde Stunden schlafen.

Sie hatte keine Eile.

Sie ging ins Bad, erleichterte sich und trat vor den Spiegel.
Sie hasste ihn für das, was er aus ihr gemacht hatte, doch in einem abgelegenen, dunklen Winkel ihrer Seele war auch Verständnis, Stolz und - die Erkenntnis erschreckte sie - Zustimmung.
Die Frau, die ihr aus dem Spiegel entgegenblickte, strahlte eine eigentümliche Schönheit aus.
Die schwarze Lederkorsage, in die er sie eingeschnürt hatte, presste ihren Busen nach oben, eine fleischgewordene Herausforderung für jeden Mann. Ein breiter Gürtel aus festem schwarzen Leder schlang sich um ihre Taille und nahm ihr den Raum zum Atmen; so hob und senkte jeder Atemzug ihren verführerischen Busen in wahrhaft atemberaubender Weise.
Ihre Füße steckten in oberschenkellangen, ebenfalls geschnürten schwarzen Lederstiefeln mit abenteuerlich hohen, bleistiftdünnen Absätzen; ihre Hüften, ihre Scham, ihre Pobacken dagegen waren unbedeckt, preisgegeben, ihm und seinen ungehemmten Begierden.
Wahrhaft, er hatte sich keine Hemmungen auferlegt.
Ihre Finger glitten über die Striemen, die seine Reitpeitsche auf ihren prallen Backen hinterlassen hatte, und ließen die Erinnerung an jeden schmerzvollen Biß in ihr Fleisch neu aufleben.
Ihr Busen ... seine Peitsche hatte ihn verschont - bislang ...

Doch die Klammern an ihren Brustwarzen mit den angehängten Gewichten - sie fürchtete sich davor, sie zu lösen, fürchtete den unerträglichen Schmerz beim Abnehmen und die peinigenden Minuten danach, bis die empfindlichen Rosetten ihrer Weiblichkeit - von der Last befreit, an die sie nun schon fast gewöhnt waren - sich erholt hatten.
Sie biß sich auf die Zähne, schloß die Augen und löste die erste Klammer. Wellen eines elektrisierenden Schmerzes wogten durch ihre Brust, sie mußte gegen die Übelkeit ankämpfen, die in ihr aufsteigen wollte.
Dennoch: Mit der einen Hand die Brust fest zusammengepreßt, griff sie nach der zweiten Klammer und öffnete auch diese. Wieder wollte der Schmerz sie überwältigen, heftiger fast als in den peinigenden Minuten, als er ihr die Klammern angehängt und - genüßlich lächelnd - mit Gewichten beschwert hatte.

Er ...

Vorsichtig blickte sie in den angrenzenden Raum.
Nackt, so wie er - nach wie langer Zeit? - von ihr abgelassen hatte, lag er schlafend da, lang ausgestreckt auf dem metallenen Bett, und atmete in gleichmäßig tiefen Zügen.

Sie war frei.

Den Schlüssel für die massive Holztür würde sie in seiner Hosentasche finden, ihre Kleider hatte er achtlos in eine Ecke geworfen, nachdem er sie - mit der genießerischen Geduld eines Feinschmeckers - ausgezogen und in die Kleidung seines Geschmacks gezwungen hatte.

Sie war frei ...

Erneut fiel ihr Blick in den Spiegel, auf ihr Gegenüber, auf die schöne, die provokativ verführerische, die gepeinigte und doch ungebrochene Frau - ihr stolzer Blick traf sich mit dem ihres Spiegelbildes - und erstarrte ...
Da war etwas Neues, Ungekanntes, verwirrend, aber auch von magischer Ausstrahlung, die Andeutung, die Ahnung einer Entschlossenheit und Härte, die ihr für einen Moment den Atem nahm ...

Sie war frei.

Doch sie würde nicht fliehen.

Nicht mehr ...

Sie ging zurück in den Raum, in dem er lag.
Völlig ruhig.

Sie sah sich um, sah auf all die bizarren Requisiten, die er zusammengetragen hatte, um ihren Schmerz - und seine Lust - zu immer neuen, ungeahnteren Höhepunkten voranzutreiben.
Die Handschellen ...
Noch immer waren sie am Bettgestell festgekettet, nur die jeweils eine Seite geöffnet.
Sanft setzte sie sich neben ihn aufs Bett und gab ihm einen zärtlichen Kuß.
Er antwortete mit einem Knurren, drehte sich weg und streckte sich lang aus.
Er registrierte es kaum, als die stählernen Fesseln um seine Handgelenke einrasteten.
Noch einmal küßte sie ihn zärtlich lächelnd, dann verengten sich ihre vollen Lippen zu einem schmalen, harten Strich.
Sie stand vom Bett auf und griff nach der Reitgerte, die er - ach wann endlich? - beiseite gelegt hatte, ließ sie spielerisch durch die Hand gleiten.
Ihr Blick schweifte über all die Instrumente und Requisiten, die er an der Wand aufgereiht hatte, um sie zu peinigen.

Womit fangen wir denn an ...?


Autor & Copyright by Armand C.
 
  zum Seitenanfang zurück