Der dritte Donnerstag |
Nachdem Jean-Louis den
schrecklichen Nachmittag in der engen Lederhose gesteckt hatte, ohne seine Tante
auch nur zu Gesicht zu bekommen, glaubte er, sie hätte ihn lediglich auf die
Probe stellen wollen.
Es hatte seine Phantasie nur noch mehr entflammt und so läutete er am folgenden
Donnerstag ganz getreulich wieder an der Tür. Aber sobald Solange ihn
erkannt hatte, hatte sie ihn wieder weggeschickt und ihm nicht erlaubt, die
Schwelle der Haustür zu überschreiten oder auch nur irgendwelche Erklärungen
abzugeben. Doch diese Enttäuschung hatte ihn noch keineswegs entmutigt, vielmehr
hatte der Anblick der schönen Rutenschlägerin ihn in seiner Beharrlichkeit noch
mehr aufgestachelt...
Schließlich war Solange ja nichts anderes als die Ausführerin der Befehle
und des Willens von Madame de Varenne. Und waren nicht auch die Schmerzen
und alle die außerordentlichen Eindrücke, die er von ihrer Hand erfuhr und
ertrug, ihm von Madame de Varenne auferlegt? Das gebieterische Auftreten
der Solange, ihre Stiefel, wie sie nur eine Herrin tragen konnte, ihre
unbarmherzige Art, ihn zu quälen, war das nicht alles nur Auswirkung des Willens
von Madame de Varenne? Die ganze Woche hindurch, ob er in der Schule war,
zu Hause, ob er im Bett lag, hatten ihn die Bilder dieser beiden Frauen
umgaukelt und sie übten auf seinen Geist eine zunehmend verwirrendere Macht aus.
Und am folgenden Donnerstag war er von all diesen Leidenschaften so zermürbt,
dass er ohne zögern zu dem Hause zurückkehrte, wo sich ihm sein Idol nur ein
einziges Mal gezeigt hatte, um sich ihm dann aus Laune oder Grausamkeit wieder
zu entziehen.
Dieses Mal hatte er das Glück oder das Unglück, ohne jeden Einwand eingelassen
zu werden. In einem kleinen Salon, in den man ihn diesmal geführt hatte, ließ
man ihn lange allein mit dem Porträt seiner Tante, das sie als Krankenpflegerin
während des Krieges darstellte. Es erinnerte ihn unmittelbar an ein anderes und
beeindruckte ihn sehr. Plötzlich öffnete sich die Tür und eine junge, blonde,
zierliche Frau erschien. Sie hatte schöne, zärtliche Augen, ganz entzückende
Beine, ein süßes Lächeln auf den Lippen und war wohl kaum älter als zwanzig
Jahre. "Sie sind Jean-Louis, nicht wahr?" "Ja, Mademoiselle."
"Ich heiße Anne. Ich bin die Sekretärin ihrer Tante. Sie hat mich
beauftragt, sie zu empfangen." "Sie?"
"Ja doch. Wundern sie dich darüber? Seien sie mir bitte nicht böse, wenn ich auf
sie den Eindruck mache, als wollte ich mich in ihre Angelegenheiten mischen. Es
ist nun einmal mein Auftrag... es liegt auch wohl in ihrem Interesse. Ich will
Ihnen offen sagen, dass ich über ihre... ihre besonderen Gefühle genau
unterrichtet worden bin. Und da ich ihre Tante, wie sie, sehr liebe, wird es
wohl etwas schwierig sein, ihnen zu erklären, was... nun, was ich ihnen von ihr
erklären soll. Sie ist nämlich eine wunderbare Frau und ich kann es sehr gut
begreifen, dass sie ihrem Zauber erlegen sind... ihrer Macht, sollte ich wohl
besser sagen. Aber, nehmen sie doch bitte Platz. Wir können uns dann besser
unterhalten."
"Danke... Aber ich frage mich, warum sie nicht selber mit mir spricht. Habe ich
vielleicht..."
"Wohl, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, falls sie nicht noch andere
Gründe hat. Jedenfalls steht unumstößlich fest, dass sie auf gewisse Ideen, die
sie sich offensichtlich in den Kopf gesetzt haben, besser verzichten sollten. Es
gibt nun einmal Dinge, die nicht sein dürfen, verstehen sie mich, Dinge, die sie
nicht wünscht oder nicht mehr wünscht. Verstehen sie mich?"
"Sie sagen: Nicht mehr wünscht. Dann hat sie also vorher..."
"Aber nein, bitte, grübeln sie nicht über ein Wort in falsche Richtung. Sie
wissen sehr genau, dass sie sie schon am ersten Tag fortgeschickt hat. Sie hat
sogar, um ihnen den Mut endgültig zu nehmen, gewisse Mittel in Anwendung
gebracht... ja, ich weiß ungefähr welche..."
"Das hat man ihnen gesagt?"
"Sie brauchen sich nicht zu schämen. Wenn man sich zu dieser Frau bekennt, gibt
es nichts mehr, dessen man sich schämen müsste. Und sie sind ja auch trotzdem
wieder gekommen. Gewiss, sie wurden von ihr an der Tür abgewiesen. Sie hätten es
aufgeben sollen. Aber nein, schon sind sie heute wieder da. Nun hat sie
befohlen, dass sie über bestimmte Dinge vollkommen aufgeklärt werden sollen,
damit sie gezwungen werden, ein für alle Mal zu begreifen, dass sie nichts bei
ihr verloren und nichts zu suchen haben, dass sie von ihr auch nichts zu
erwarten haben. Das zunächst schon deshalb, weil sie ja ihre Tante ist. Und dann
– nun, weil sie einfach keine Frau für sie ist."
"Wie? Sie wollen mir dieselben Geschichten erzählen wie zu Hause? Begreife ich
nicht! Und ich will sie auch gar nicht verstehen. Ich glaube sie einfach nicht.
Und mir ist das auch alles ganz egal."
"Nun, das sollte ihnen aber nun nicht egal sein, Jean-Louis. Sie sind
noch sehr jung. Nun hören sie mir zu!"
Und die hübsche Sekretärin, die zu ihm wohlwollend und aufrichtig zu sein
schien, begann, ihm zu erklären, welches Leben Madame de Varenne bisher
geführt hatte, erklärte ihm genau die Natur ihrer grausamen Neigungen, eröffnete
ihm, unter welchen seltsamen Bedingungen sie den Männern ihre Macht aufzwang.
Durch einen eigenartigen Zufall – oder war es kein Zufall? – ließ diese junge
Frau in jeden Satz, in der ganz klaren Absicht ihn zu entmutigen, ein Wort
einfließen, gab ihm zudem eine Betonung, die im Gegenteil seine Neugier noch
mehr reizte und seine Begehrlichkeit erst richtig weckte. Nicht nur deshalb ließ
Jean-Louis sich von ihr nicht überzeugen, sondern gerade durch ihre
Einwände fühlte er, wie sehr seine Leidenschaft noch steigerte. Doch als der
Augenblick gekommen war, dass Anne ihm einreden wollte, andere, jüngere Frauen,
jünger als Madame de Varenne und nicht weniger verführerische, dafür aber
weniger gefährliche, würden mit Freuden seine erste schwärmerische Liebe
empfangen, da wurde er beinahe böse und schwor, dass alle in sie mit ihrer
berauschenden Schönheit, ihrer Macht und ihrem perversen Despotentum, mit ihrer
ganzen Ausstrahlung in seinen Augen das weibliche Ideal darstellten. Und dabei
geriet er in eine derartige Erregung, die fast noch schlimmer war, als wäre sie
in Person anwesend gewesen.
Die hübsche Sekretärin ließ ihn ausreden. Sie saß ihm in einer recht
aufreizenden Haltung gegenüber, die ihm bezaubernde Einblicke gewährte.
Aber er schien diese so nahe liegenden Realitäten in seiner Erregung gar nicht
wahrzunehmen, die doch jeden anderen mit unwiderstehlicher Anziehungskraft
bezaubert hätten.
"Also," sagte sie in einem Augenblick, als er sich selber unterbrach - "eine
einfach junge Frau, wie zum Beispiel ich, hätte also bei ihnen keine Chancen,
ihre ... ihre Aufmerksamkeit zu erregen?"
"Sie? Sie haben doch nicht das Geringste von einer Herrin an sich."
"Das habe ich ja auch nicht gesagt. Ich bin zunächst einmal ein junges Mädchen,
das ihrer Tante gehört. Und dann habe ich auch gar nicht die Absicht, zu..."
"Aber haben sie mich denn überhaupt nicht verstanden? Ich sage noch einmal, dass
ich nur an sie denke, dass ich von keiner anderen etwas wissen will, und dass
ich von ihr alles schreckliche, was sie nur will, erwarte, das kann wundervoll
sein. Und ich hoffe immer nur das eine: Sie zu sehen..."
In diesem Augenblick raschelte es leise, ein Vorhang hob sich, und Madame de
Varenne erschien. Jean-Louis war sofort aufgestanden:
"Oh Tante! Da sind sie ja endlich!"
Und dann blieb er regungslos wie erstarrt stehen, ganz in ihre Betrachtung
versunken. Noch nie zuvor hatte er sie so gesehen. Von ihrer eigenartigen,
verführerischen Kostümierung war er völlig fasziniert. Eine weiße, ganz eng
anliegende Hose zeigte genau die Form ihrer Schenkel und Hüften,
eine Hemdbluse mit kurzen Ärmeln, von einem gelben Lederband fest an ihren
Oberkörper gedrückt, ließ ihre beiden Brüste schamlos hervorspringen. Sie trug
dazu helle Stulpenhandschuhe und wunderbare geschnürte Stiefel mit sehr hohen
Absätzen aus Lackleder mit sehr feinen Sporen, die von weißen Riemen gehalten
wurden. |
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Einen derartigen Schock hatte Jean-Louis in seinen ganzen Leben noch
nicht gespürt. Madame de Varenne erriet den Eindruck, den sie bei ihm
hervorrief, stand eine Weile bewegungslos und schweigend, damit sich dieser
Eindruck tief in sein Gedächtnis graben sollte. Erst als sie diese Wirkung für
ausreichend hielt, sagte sie mit einer Sanftheit, die auf das Köstlichste mit
ihrer herrischen Haltung kontrastierte:
"Wenn ich erscheine, Jean-Louis, weißt du nicht, dass man dann kniend
abzuwarten hat, welche Befehle erteilt werden? Anscheinen nicht! Komm nicht
näher! Knie nieder, wo du bist. So ist es gut. Bleib so!"
Dann wandte sie sich zu ihrer Sekretärin und sagte:
"Sie haben wirklich alles nur Mögliche getan, meine liebe Anne. Ich
habe ihre Unterhaltung gehört. Entweder der Junge versteht nicht oder er will
nicht verstehen. Weder Gewalt, noch Furcht, noch Vernunft scheinen Eindruck auf
ihn zumachen. Umso schlimmer für ihn. Wenn er durchaus seine Zeit verlieren
will, ich werde die |
meinige
jedenfalls nicht verlieren. Und wenn er unbedingt darauf besteht, wieder hierher
zu kommen, so wird er weggeschickt. Bestimmt wird er der erste sein, der das
leid wird."
Dann sah sie ihren Neffen an, der immer noch kniend verharrte:
"So! Das wäre also gesagt. Und nun werden wir nicht wieder herkommen. Aber trotz
dieser meiner Entscheidung, Jean-Louis, lege ich Wert darauf, dass du
eines weißt: Ich bin dir wegen deiner Hartnäckigkeit, mit der du immer wieder
kommst, keineswegs böse. Ich begreife sogar. Fast möchte ich sagen: Ich billige
sie."
"Oh Tante, ich hatte geglaubt, sie würden mir sagen, dass sie... dass sie ...
ein wenig ... gerührt wären. Schicken sie mich jetzt bitte nicht fort!"
"Gerührt? Davon habe ich nichts gesagt. ... Aber ich will dir trotzdem zeigen,
dass ich es bin. Komm her zu mir, aber auf den Knien. Ich will dir einen Kuss
geben. Und danach wirst du gehen, aber diesmal ohne Rückkehr."
Ohne sie auch nur einen Augenblick aus den Augen zu lassen, kroch er auf den
Knien zu ihr hin. Als er zu ihren Füßen angekommen war, beugte sie sich ein
wenig zu ihm herab, ergriff ihn bei den Ohren und zog ihn gewaltsam, doch ohne
Heftigkeit, hoch. Während sie ihn so fest hielt, beugte sie seinen Kopf ein
wenig nach hinten, bückte sich langsam über ihn und nahm seine Lippen. Lange
küsste sie ihn, während er sich an ihren Körper drängte, wobei sich sein Glied
aufzustellen begann. Als sie meinte, es sei nun genug, zog sie mit der gleichen
Langsamkeit ihren Mund zurück und zwang ihn, wobei sie ihn immer noch an den
Ohren festhielt, zurückzutreten.
"Nun hast du deine Belohnung gehabt, und nun sollten wir uns Adieu sagen."
"Nein!"
"Willst du dich auflehnen?"
"Ich gehe nicht von hier fort! Sie treiben nur ein grausames Spiel mit mir, weil
ich noch jung bin. Aber im Grunde wollen Sie ja gar nicht, dass ich gehe. Das
tun sie alles nur, um mich zu prüfen und um mir Angst zu machen. Aber ich habe
keine Angst vor ihnen. Dafür liebe ich sie viel zu sehr. Bestimmt werden sie
auch schließlich lieb zu mir sein. Sie bringen das nicht fertig, dass ich
verzichte!"
"Und alles, was dir Mademoiselle gesagt hat, genügt dir nicht?"
"Ach, das ist doch alles gar nicht wahr!"
"Du glaubst es also nicht?"
"Vielleicht ein bisschen davon, aber nicht alles."
Lange antwortete die Tante nicht, sah ihn aber unverwandt an.
"Du bist ein unverbesserlicher Kerl, Jean-Louis!"
"Nein, ich bin rasend verliebt. Ich denke immer nur an sie, an alles, was ich
von ihnen kenne und an alles, was ich noch kennen lernen möchte. Jetzt, wo sie
so wunderbar..."
"Wunderbar vielleicht, aber auch grausam. Anne hat es dir ganz klar gesagt. Ich
liebe es, andere leiden zu sehen. Und in diesem Augenblick leidest zum Beispiel
du."
"Das tue ich gern, wenn es Ihnen Freude macht. Es ist dann nichts!"
"Das stimmt, es ist nichts! Ich habe aber andere Freuden."
"Die gibt es doch gar nicht. Sie wollen mich nur verängstigen."
Wieder verharrte sie unter seinem Blick, wortlos, dann fragte sie ihn plötzlich:
"Und wenn du es mit eigenen Augen sähest, würdest du dann verzichten?"
Madame de Varennes Ausdruck war auf einmal so hart geworden, dass es ihn leicht
verwirrte. Dennoch antwortete er fest und bestimmt:
"Ich weiß nicht... Aber das ist unmöglich."
"Also, dann komm mit mir!" |
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Sie ergriff ihn unsanft an den Ohren, zog ihn zu sich heran und
veranlasste ihn gleichzeitig, eine halbe Wendung zu machen. Dann stieß sie ihn
vor sich her und nötigte ihn auf diese Weise, rückwärts gehend das Zimmer zu
betreten, aus dem sie vorher gekommen war. Dort erst ließ sie ihn los.
"Oh!"
Er sah einen Mann vor sich, völlig nackt, offensichtlich im besten Alter, die
Hände an seine Hoden gefesselt. Sie waren von einem engen Eisenring umschlossen,
der mit einem kleinen Schloss verriegelt war. Der Kopf des Mannes steckte in
einer schwarzen Lederkapuze, die nur für die Ohren zwei Löcher ließ.
"Siehst du das? Er hat mich ebenfalls so heiß begehrt. Auch er meinte, in mich
verliebt zu sein. Ich habe ihn ganze zwei Jahre lang warten lassen, dann aber
habe ich ihn genommen. Und jetzt ist er nur einer meiner Sklaven. Ich kümmere
mich schon fast nicht mehr um ihn, aber er hat trotzdem die Hoffnung immer noch
nicht aufgegeben. Und in dieser Hoffnung nimmt er alles hin, |
freiwillig und ohne
jeden Widerspruch. Nichts zwingt ihn, hierher zu kommen. Du wirst es sehen."
Madame de Varennes ging zu einem Wandbrett, an dem zwanzig Ruten, Peitschen und
Karbatschen hingen. Sie wählte eine sehr dünne und lange Peitsche.
"Tritt jetzt beiseite, Jean-Louis!"
Sie hob den Arm, verharrte einen Augenblick unbeweglich und schlug dann mit jäh
herabzischenden Hieb dem Sklaven über die Schultern.
Man hörte einen Schrei unter der Kapuze und schon sah man einen langen roten
Striemen auf der Haut. Der Mann rührte sich so gut wie gar nicht, da er durch
die grausame Fesselung bewegungsunfähig gemacht war, aber nach wenigen Sekunden
begann er fürchterlich zu zittern.
Madame de Varennes hob erneut den Arm und ein zweiter Hieb um die Hüften entriss
dem Opfer einen neuen grässlichen Schrei und zeichnete ebenfalls eine blutige
Spur auf die Haut. Ein dritter und auch noch ein vierter Hieb fiel. Da bemerkte
Jean-Louis zu seiner Verblüffung, dass bei dem Mann eine Erektion einsetzte,
dass sich zwischen seinen gefesselten Handgelenken das Glied aufzurichten
begann. Natürlich sah es auch Madame de Varennes.
Sie warf nun die Peitsche beiseite und ergriff eine starke Karbatsche. Der
Sklave hatte ihre Androhung gehört und stieß unter seiner Kapuze unverständliche
Laute hervor. Seine Knie zitterten immer stärker.
"Schweig! Wenn ich dir einen Knebel in den Mund gesteckt habe, so deshalb, um
nicht von dir belästigt zu werden durch Gewimmer."
Sofort schwieg er. Wieder erhob sie den Arm und schlug mit der Karbatsche
diesmal über sein Gesäß. Dumpf aufheulend knickte der Mann in die Knie. Die
Karbatsche zeigte sich rot gefärbt. Noch weitere drei Hiebe fielen. Nun sank der
Mann in sich zusammen. Da schrie Jean-Louis laut auf und floh aus dem Zimmer.
Im kleinen Salon traf er wieder die hübsche Sekretärin, die dort Blumen ordnete.
Immer noch hörte man gedämpft aus dem Nebenraum das schreckliche Zuschlagen der
Karbatsche.
"Das ist ja ganz fürchterlich", sagte Jean-Louis. "Sie hatten recht, ich
muss weg von hier!"
Aber die junge Frau blickte ihn nun mit einem ganz anderen Ausdruck an als
vorher und sagte verächtlich:
"Ich hatte es dir ja gleich gesagt, dass du nicht würdig bist. Sie ist nun
einmal eine wundervolle Frau. Vorwärts! Fort mit dir!"
Im gleichen Augenblick erschien Madame de Varennes.
"Ohne dich von mir zu verabschieden, du kleiner Trottel?"
"Oh, liebe Tante, ich bin ja ganz durcheinander! Verzeihen Sie!"
"Ich wusste doch gleich, dass du den Anblick nicht aushalten würdest. Aber es
ist auch besser so... Jetzt hast du wenigstens begriffen, worum es geht. Und
dann, wenn dir das ein Trost ist: Du hast mich sehr gereizt und es wird dir
allein zu verdanken sein, wenn der andere diesmal seine Belohnung bekommen wird.
Ich werde ihn jetzt dir zu Ehren vergewaltigen!"
"Oh!"
"Selbstverständlich wird er vorher noch ein bisschen gemartert. Er muss
schließlich seine Lust büßen. Aber er hat sich trotz alledem nicht zu beklagen,
dass kannst du mir glauben... Was ist? Mach nicht ein solches Gesicht! Du
stirbst ja fast vor Angst und es sieht fast so aus, als ob du ihn bedauerst.
Oder bist du etwa auf ihn eifersüchtig?"
"Das ist ja entsetzlich!"
"Du würdest nicht der erste sein. Aber ich will nett sein zu dir. Damit du trotz
allem eine nette Erinnerung an deinen letzten Nachmittag bei mir behältst, will
ich dir noch eine Gunst gewähren... Komm mal her! Näher! Hier, zu meinen Füßen!
Hast du nicht Lust, wenigstens nur ein einziges Mal, ehe du gehst, meinen
gestiefelten Fuß zu küssen? Jawohl, siehst du! Du brauchst mir gar nicht zu
antworten, ich weiß es auch ohnedem... Also komm, knie noch einmal nieder und
küsse meine Stiefel. Du wirst nie im Leben wieder so schöne sehen. Da! Gut so!
Oh! Oh! Was für eine Glut! Aber das macht die Leidenschaft: Ich mache dir daraus
keinen Vorwurf. Drücke deine Lippen fester auf den Stiefel! Ja, so! Und du
darfst auch an meinem Bein entlang hochfahren... So!... Aber höher nicht! Das
will ich nun nicht! Jetzt demütig wieder herunter! ... Bleib jetzt so!... Nutze
diese Minute voll aus, du wirst sie nie wieder vergessen. ... Und jetzt richte
dich auf... aber bleib dabei auf den Knien, jawohl, genau so! ... Und nun
schling deinen Arm um mich. Ehe du gehst, kannst du mich an dich drücken, ich
erlaube es. Stärker noch! Ganz so, wie es dich nach mir verlangt! Gut. Nun steh
auf! Sie mich an! Aber, was ist denn?"
"Ich, ich weiß nicht, Tante."
"Wie du mich drückst! Gerade, als ob du dich an meinen Stiefeln riebest."
"Ich weiß nicht ... ich weiß überhaupt nichts mehr."
"Oho. So was! Das habe ich dir aber nicht erlaubt! Sie mich an! Du glaubst doch
wohl nicht, dass ich so etwas dulden werde.
"Oh, sieh mich nicht so an! Ich kann deinen Augen nicht widerstehen. Das ist,
als ob ... als ob..."
"Dummkopf! Jetzt ist es zu spät, um zu widerstehen! Es fängt schon an, ich sehe
es in deinen Augen! Und du glaubst, ich würde das dulden! Du kleiner,
widerlicher Kerl, was machst du denn da in deiner Hose? Lass mich sofort los!"
Mit einem Fußtritt stieß sie ihn zurück, hob die Karbatsche hoch und schlug auf
ihn ein.
"Raus hier! Aber schnell heraus! Wart! Moment! Rette dich, sonst trifft dich
meine Karbatsche! Dann kannst du dich allein ausleeren, du widerliche Fratze,
du! Warte nur, du Don Juan, du Romeo! Und dass ich dich nur nicht wieder vor
Augen bekomme!"
Alles war so schnell und so plötzlich aufeinander gefolgt, dass Jean-Louis sich
halb verrückt vor Enttäuschung und Scham auf der Straße wieder fand, ehe er noch
zur Besinnung gekommen war. Sein Glied war noch steil aufgebäumt und im letzten
Zusammenkrampf leerte er sein Sperma aus.
Unter dieser Schande seinen schmählichen Misserfolges schwor der Junge, niemals
wieder dorthin zu kommen; denn er glaubte sich für immer von diesen perversen
Gelüsten geheilt. Bei jedem Schritt lief ihm zäh, warm und klebrig der Fluss
seiner zurückgestoßenen Wollust an den Schenkeln hinab. |
Der vierte Donnerstag |
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